Ehemalige Wurfscheiben-Schießanlage in Remscheid-Tente
Die Natur kehrt zurück
Nach der Sanierung renaturiert der AAV die Bachauen im Naturschutzgebiet „Tenter Bach und Bökerbach“.
Projektbeschreibung
Ein idyllisches Stück der Auen-Landschaft am Tenter Baches befreite der AAV von Blei, Arsen und weiteren Schadstoffen. Die rund zwei Hektar große Fläche ergrünte nach der Sanierung 2020 erstmals wieder. Nun gilt es, den Erfolg der Renaturierungsmaßnahmen zu beobachten und zu sichern.
Das Naturschutzgebiet „Tenter Bach und Bökerbach“
Im Naturschutzgebiet „Tenter Bach und Bökerbach“ wurden 5.700 m³ belasteter Boden abgetragen und auf Deponien fachgerecht entsorgt. Die beiden namensgebenden Bäche bilden auf halbem Weg zwischen der Remscheider Innenstadt und dem Ortsteil Lennep reizvolle Kerbtäler mit vielfältigen Lebensräumen – von Feuchtwiesen in Ufernähe bis hin zu blütenreichen Magerrasen an den Hängen.
Notwendigkeit des Bodentausches
Nötig war der Bodentausch, da die Fläche direkt am Tenter Bach von 1926 bis 1999 von der Kreisjägerschaft Remscheid und ihren Vorgänger-Organisationen für eine Bahn- und Wurfscheiben-Schießanlage genutzt wurde. Im Laufe der Jahrzehnte sammelten sich dabei große Mengen Bleischrot im Boden an, das neben Blei auch Legierungszusätze wie Antimon und Arsen enthält. Durch Verwitterung wurden das Schwermetall und die Halbmetalle freigesetzt und gelangten mit dem Sickerwasser in tiefer liegende Bodenschichten. Es bestand die konkrete Gefahr, dass Schadstoffe in den Tenter Bach und das Grundwasser gelangen. Zudem verursachten die Schadstoffe Vegetationsschäden, die 2009 augenfällig wurden.
Schadstoffe durch Wurfscheiben
Zudem setzten auch die „Tontauben“ Schadstoffe frei. Diese runden Wurfscheiben mit zehn Zentimetern Durchmesser und einem Gewicht von rund 100 Gramm bestehen zu 70 % aus Steinmehl und zu 30 % aus Bindemitteln, das hieß in der Vergangenheit: aus Steinkohlen- oder Erdölpech. Deshalb ließ die Stadt Remscheid den Boden 2011 für die Gefährdungsabschätzung zusätzlich auf polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) untersuchen. Tatsächlich fanden sich bei den Bodenuntersuchungen starke Belastungen mit PAK. Dass die Schadstoffe nach und nach in den Tenter Bach und ins Grundwasser gelangen würden, lag auf der Hand.
Verhinderung der Verunreinigung des Bach- und Grundwassers
Diese Verunreinigung von Bach- und Grundwasser sollte verhindert werden. Der AAV nahm das Projekt 2013 in den Maßnahmenplan auf, schloss 2015 einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Stadt Remscheid und führte bis 2017 die Sanierungsuntersuchung durch. Der anschließend erstellte Sanierungsplan, der ab 2019 baulich umgesetzt wurde, hatte vor allem dieses Ziel: die nachhaltige Unterbindung des Schadstoffeintrags in das Bach- und Grundwasser. Deswegen sollte der belastete Boden in Tiefen zwischen zehn und 40 Zentimetern abgetragen und anschließend auf geeigneten Deponien entsorgt werden.
Mehr Schadstoff-Belastungen als gedacht
Dass die Schadstoffe zum Teil deutlich tiefer in den Boden eingedrungen waren, stellte man erst im Laufe der Arbeiten fest, als man die Einhaltung der Sanierungs-Zielwerte überprüfte. Also setzte man den Bodenabtrag in Schritten von fünf bis zehn Zentimetern fort. Da die Schadstoff-Belastungen zudem auf einigen Sanierungsteilflächen höher waren als zunächst erwartet, mussten insgesamt 5.700 Tonnen belastetes Material entsorgt werden – deutlich mehr als ursprünglich geplant.
Mit Rücksicht auf die Tier- und Pflanzenwelt
Mit besonderer Rücksicht auf die Tier- und Pflanzenwelt des Naturschutzgebiets führte der AAV die Sanierungsmaßnahmen durch. Zudem berücksichtigte ein landschaftspflegerischer Begleitplan von Anfang an die ökologischen Belange. So konnte man einige große Eichen, die ursprünglich zur Fällung vorgesehen waren, durch Einsatz wurzelschonender Maßnahmen und unter Aufsicht der ökologischen Baubegleitung erhalten. Waldeidechsen und Blindschleichen, die man im Laufe der Arbeiten entdeckte, wurden in ein nahe gelegenes Ersatzquartier umgesiedelt.
Die naturschutzgerechte Reaktivierung
Die naturschutzgerechte Reaktivierung der Fläche begann unmittelbar nach der Bodensanierung im Frühjahr 2020. Dazu gehörten das Einpflanzen standortgerechter Gehölze wie Weißdorn, Eiche und Vogelkirsche sowie eine Mahdgut-Übertragung im Hochsommer zur Reaktivierung des Feuchtgrünlandes der westlichen Bach-Aue. Dieses Mahdgut stammte aus einem nahe gelegenen Naturschutzgebiet und wurde auf den zuvor aufgelockerten Boden ausgebracht. Um die Entwicklung von Magergrünland zu fördern, wurden 15 Kilogramm geeignetes Saatgut ausgebracht. Zurückkehrende Amphibien und Insekten finden im Auenbereich einen neu angelegten Teich als Lebensraum vor, Eidechsen und Blindschleichen werden freigelegtes Festgestein als Sonnenplatz zu schätzen wissen.
Erfolge der Renaturierungs-Maßnahmen
Der Erfolg der Renaturierungs-Maßnahmen wird durch ein naturschutzfachliches Monitoring kontinuierlich überprüft und durch Pflegemaßnahmen sichergestellt. So wird die gesamte Fläche mindestens einmal jährlich gemäht und bei Bedarf werden standortfremde Pflanzen und vor allem invasive Arten bekämpft. Dies alles übernimmt bis Ende 2022 der AAV, danach kümmert sich die Stadt Remscheid um die renaturierte Fläche.
Die Renaturierung zeigt bereits Erfolge. Durch Mahdgutübertragung und Ansaat haben sich neue Pflanzenarten angesiedelt und andere, bereits vorhandene wurden durch das mit der Sanierung verbundene Freilegen ihrer Diasporen reaktiviert, z. B. Kleiner Sauerampfer (Rumex acetosella). Bislang wurden keine durch den Sanierungseingriff grundsätzlich verschwundenen Pflanzenarten erfasst. Einige zuvor seltene wertgebende Pflanzenarten, wie die Rundblättrige Glockenblume (Campanula rotundifolia), haben sogar deutlich zugenommen. Durch die Renaturierungsmaßnahmen wurden neue, offene und besonnte Strukturen auch zur (Wieder-)Ansiedlung konkurrenzschwacher Grünlandpflanzenarten geschaffen, die ihrerseits spezialisierte Insektenarten anziehen. Beispielsweise zu nennen ist der seit 2021 auf der Fläche nachgewiesene Kleine Feuerfalter (Lycaena phlaeas), dessen Hauptfutterpflanze der Kleine Sauerampfer ist. 2022 wurden auf der Fläche mehr als 40 Orchideen (Knabenkräuter der Art Dactylorhiza maculata) nachgewiesen.
- Standort
- Süd-östlich der Remscheider Innenstadt nahe der A1
- Belastung des Bodens
- Blei, Arsen, Antimon und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
- Besondere Herausforderungen
- Nach dem Abtragen des belasteten Bodens erfolgt eine naturschutzgerechte Grünland-Reaktivierung durch Mahd-/Saatgutübertragung.