Ehemalige Schneidwarenfabrik Rasspe in Solingen
Platz für neue Unternehmen
Durch Rückbau und Sanierung einer alten Fabrik in Solingen.
Projektbeschreibung
Mit der Insolvenz der ehemaligen Schneidwarenfabrik Rasspe endete 1999 ein knapp 175 Jahre langes Kapitel der Industrie-Geschichte Solingens. Damit die rund fünf Hektar große Betriebsfläche unter der Adresse Stöcken 17 eine Zukunft als Gewerbe-Standort hat, saniert der AAV die Fläche und bereitet sie gemeinsam mit der Stadt und mit der Wirtschaftsförderung Solingen auf.
Die Firma Rasspe
Dass Solingen den amtlichen Namenszusatz „Klingenstadt“ führt, daran hatte die Firma Rasspe durchaus ihren Anteil: Rund zwei Kilometer nordöstlich der Innenstadt produzierte sie seit etwa 1827 Sägen und Messer für das Großgewerbe sowie Teile für landwirtschaftliche Maschinen – und zwar in kompletter Produktionstiefe von der Gießerei über Schmiede und Schleiferei bis hin zur Lackiererei. Zudem betrieb das Unternehmen am nördlichen Rand des Firmengeländes eine eigene Deponie.
Verunreinigungen und Schadstoffe
Welche Verunreinigungen und Schadstoffe im Laufe der Jahrzehnte in den Boden gelangt waren, ließ die Stadt Solingen untersuchen, als die Fläche zehn Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahren endgültig brach gefallen war. Dabei ging es um die Gefährdungseinschätzung vor einem möglichen Erwerb der Fläche, die wegen ihrer Größe und günstigen Lage von besonderer Bedeutung für das regionale Gewerbeflächen-Konzept ist. Gefunden wurden insbesondere Mineralöle, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die aromatischen Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylole (BTEX) sowie Schwermetalle.
Zusammenarbeit mit dem AAV
2015 erwarb die Stadt das Areal am Stöcken 17, um es als Gewerbefläche zu entwickeln. Noch im gleichen Jahr startete die Zusammenarbeit mit dem AAV. Der Verband, der als Träger des gesamten Flächenrecyclings 80 Prozent der Kosten übernimmt, begann mit den Sanierungsuntersuchungen und Sanierungsplanungen sowie mit der Erstellung eines Rückbaukonzeptes. Zwar sollten einzelne historische und denkmalgeschützte Gebäude erhalten werden, der größte Teil der Produktionsgebäude jedoch sollte zurückgebaut werden. Dabei ging es um 150.000 m3 umbauten Raum – das entspricht mehr als 450 durchschnittlichen Wohnungen.
Die Schadstoffsanierung
Am Anfang des Rückbaus im April 2020 standen das Entrümpeln der Gebäude und die sorgfältigen Schadstoffsanierung. Zunächst baute man alle belasteten Bauteile aus und entsorgte sie fachgerecht. Dazu zählten vor allem Asbestzement-Bedachungen und -Verkleidungen, Asbest-Pappen aus Schaltgehäusen und asbesthaltiger Fensterkitt sowie Dämmmaterialien, die künstliche Mineralfasern (KMF) enthielten.
Der Rückbau
Während des folgenden Rückbaus sortierte man alle Materialien. So wurden Ziegel- und Betonbruch grundsätzlich voneinander getrennt und auf einer gedichteten Fläche gesammelt. Bauschutt-Materialien, die man bei der Erstellung des Schadstoff-Katasters als kontaminiert identifiziert hatte, wurden auf separate Haufwerke aufgesetzt. Wo immer erhöhte Schadstoffgehalte vermutet wurden, schützte man die Mieten vor Witterungseinflüssen – etwa durch Abdeckung mit Planen oder durch die Lagerung in einer der Abbruchhallen. Das vorsortierte Material wurde vor Ort hinsichtlich einer umwelttechnischen Bewertung beprobt, analysiert und eingestuft. Der nicht kontaminierte Bauschutt wurde in einer Aufbereitungsanlage vor Ort gebrochen, da mit diesem Material die Sanierungs- und die Bau-Gruben der rückgebauten Keller verfüllt werden konnten. Belasteter Boden wurde im Bereich von ehemaligen Tanks, einer alten Trafostation und der früheren Gießerei bis in Tiefen von drei bis vier Metern ausgetauscht.
Schutz der Arbeiter und Anwohner
Auf den Schutz der Arbeiter und der Anwohner legte der AAV bei all diesen Arbeiten wie stets den größten Wert. Deshalb gab und gibt es während des gesamten Baustellenbetriebs eine gutachterliche Begleitung und eine laufende analytische Überwachung des Bauschutts und des Materials aus der Bodensanierung.
Schonende Rückbauarbeiten
Vor allem Lärm, Erschütterungen und Staub will man so weit wie möglich verhindern. Deshalb wurde der Kamin auf dem Betriebsgelände nicht gesprengt, sondern durch Abgreifen mit einem „Longfront-Bagger“ zurückgebaut. Die benachbarten denkmalgeschützten Gebäude sicherte man dabei mit Schutzmatten. Durch Beregnung unterband man bei dieser und bei allen übrigen Rückbauarbeiten die Staubverwehung. Um die Freisetzung von Schadstoffen und eine Geruchsbelästigung zu verhindern, deckte man die entsprechenden Haufwerke und Mieten mit Folie ab. Auch fahren sämtliche LKWs, die gefährliche Abfälle geladen haben, stets mit Abdeckung. Zudem werden die LKW-Reifen vor Verlassen der Baustelle gereinigt, um eine Verschleppung von Schadstoffen zu vermeiden.
Die zukünftige Nutzung des Areals
Um eine gut bebaubare und somit leicht vermarktbare Fläche zu schaffen, wird das Gelände, das zuvor in Teilbereichen starke Gefälle aufwies, nivelliert. Dies entspricht dem städtebaulichen Rahmenplan, den die Stadt Solingen im Vorfeld erstellt hatte und der auch künftig eine Nutzung des Areals am Stöcken 17 als Gewerbefläche vorsieht. Besonders charmant dabei: Die historischen Backsteingebäude direkt an der Straße, die unter Denkmalschutz stehen und erhalten bleiben, erinnern dauerhaft an die lange industrielle Geschichte des Standorts. 2021 sollten die Sanierungsarbeiten abgeschlossen sein, jedoch kam es durch Unstimmigkeiten mit dem beauftragten Bauunternehmen zu Verzögerungen, so dass sich die Fläche noch nicht mit neuem Leben füllen konnte. Es stehen noch Arbeiten zur abschließenden Profilierung des Geländes sowie die Entsorgung von Boden- und Bauschuttmaterialen, die im Zuge der Restarbeiten nicht benötigt werden, an.
- Standort
- Zwei Kilometer nordöstlich der Solinger Innenstadt
- Belastung des Bodens
- Mineralöle, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die aromatischen Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylole (BTEX), Schwermetalle
- Besondere Herausforderungen
- Einzelne Gebäude der historischen Fabrik stehen unter Denkmalschutz und mussten bei Rückbau und Sanierung besonders gesichert werden.