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Ehemalige Dachpappenfabrik Dr. Kohl in Dorsten

Gefahrenabwehr und Flächenrecycling im Trinkwasser-Schutzgebiet

Wo 100 Jahre lang Teer und Bitumen verarbeitet wurden, entstand nach der Sanierung durch den AAV ein reizvolles neues Wohngebiet. Auch Gefahren fürs Trinkwasser beseitigte die Sanierung.

AAV – Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung – Zukunft. Auf gutem Grund.

Projektbeschreibung

Mehr als 100 Jahre lang wurden auf dem ca. 10.000 m² großen Standort der ehemaligen Dachpappenfabrik Dr. Kohl südlich der Dorstener Innenstadt Dachpappen auf Teer- und Bitumen-Basis gefertigt – mit gravierenden Schäden für die Umwelt, wie sich nach der Betriebsschließung im Jahr 2001 zeigte: Teeröl-Schadstoffe waren in den Boden gesickert und hatten sich im Grundwasser bis zu einem mehr als 100 Meter weit entfernten Bach ausgebreitet: Im Mierebach schimmerten immer wieder Ölschlieren und größere „Teerölpunkte“.

Verfall der alten Dachpappenfabrik

Die alte Dachpappenfabrik schien zunächst nur ein kleines Ärgernis darzustellen. Gleich nach der Insolvenz und der Schließung des Betriebes hatte der Kreis Recklinghausen im Jahr 2002 das Gelände oberflächlich aufräumen lassen. Gefährliche, offen herumliegende Abfälle wurden fachgerecht entsorgt. Zwar waren einige Maschinen und technische Anlagen demontiert und verkauft worden, ein Großteil der alten Geräte und Anlagen blieb jedoch stehen, darunter Rührwerke und Silos, die noch Produktreste enthielten. Vandalismus beschleunigte den Verfall der alten Produktionsstätte, die so zu einem Makel in dem ansonsten reizvollen Wohngebiet wurde. Die Dorstener Innenstadt gleich an der Lippe ist nur einen kurzen Spaziergang nach Norden entfernt, südlich grenzt das Viertel an die alte Bauernschaft Tönsholt und an die Kirchhellener Äcker, Obstplantagen, Spargel- und Erdbeerfelder.

Ölschlieren auf dem Bach

Die ernste Gefahr für Mensch und Umwelt, die von der alten Fabrik ausging, wurde erst 2005 bei genaueren Untersuchungen von Boden, Grundwasser und nahem Bachbett deutlich: Es fanden sich weiträumig erhebliche Belastungen des Bodens und des Grundwassers mit Teeröl-Rückständen, vor allem PAK-Verbindungen hatten sich bis zum mehr als 100 Meter weit entfernten Bach im Grundwasser ausgebreitet. Bei starken Regenfällen gelangten die Schadstoffe in so großer Menge in das Fließgewässer, dass sie als Ölschlieren und Teerölpunkte sichtbar waren. Nicht zuletzt liegt die Altlast innerhalb des Trinkwasserschutzgebiets der Wassergewinnungsanlage Holsterhausen, deren Förderbrunnen rund drei Kilometer entfernt sind.

Kontaminierte Baustoffe

Der Kreis Recklinghausen handelte und beantragte im Jahr 2007 beim AAV die Sanierung der Fläche. Die Delegiertenversammlung nahm das Projekt im gleichen Jahr in den Maßnahmenplan auf, und die Sanierungsuntersuchungen und -planungen begannen. Zunächst mussten die alten Produktionsanlagen und Gebäude weichen. Beim Rückbau fielen große Mengen kontaminierter Baustoffe an. Zudem mussten die noch immer vorhandenen gefahrstoffhaltigen Produktionsreste und Betriebsstoffe entsorgt werden. Das war im Dezember 2012 erledigt. Dann ging es an die „Quellsanierung“, das heißt: Die Schadstoffherde rund um eine tiefreichende Teerölgrube und unterhalb einer ehemaligen Teeröl-Destillationsanlage wurden entfernt.

Neue Einfamilienhäuser

Da ein Wohngebiet auf der sanierten Fläche entstehen sollte, mussten nicht nur die tiefgründigen Schadensherde beseitigt, sondern auch die Anschüttung großflächig abgetragen werden. Schließlich wurde das Gelände mit sauberem Boden aufgefüllt. Die sanierte Fläche ist mittlerweile mit Einfamilienhäusern bebaut. So trug die Sanierung sehr zur Aufwertung des gesamten Gebiets bei. Auch eine angrenzende Gewerbefläche, die privat saniert wurde, ist mittlerweile erschlossen und bebaut.

Sanierung schützt das Trinkwasser

Ein Grundwasser-Monitoring erfolgte auch noch nach dem Abschluss der Sanierungsarbeiten. Dabei zeigte sich ein deutlicher Rückgang der PAK-Belastung im oberflächennahen Grundwasser. Im tiefer gelegenen Grundwasser-Stockwerk fanden sich nur vereinzelte Spuren von PAK, so dass von der sanierten Fläche offenbar keine Gefahr mehr für die Trinkwasser-Gewinnung ausgeht.

Keine weitere Sanierung am Bach

Im vormals stark belasteten Bach stellte man zwar eine deutliche PAK-Belastung fest. Allerdings sinken die Schadstoff-Konzentrationen stromabwärts relativ schnell. Gewässergüteuntersuchungen entlang des Bachs ergaben, dass der Wasserlauf schon im Anstrom stark degradiert ist und ohne durchgehende Wasserführung ist. Ein Einfluss auf die Tierwelt des Baches, auf die biologische Qualitätskomponente „Makrozoobenthos“, ließ sich nicht feststellen, so dass auf Sanierungsmaßnahmen für das Oberflächengewässer verzichtet werden konnte.

Standort
Südlich der Dorstener Innenstadt zwischen Gladbecker Straße und Auf dem Beerenkamp
Belastung des Bodens
Teeröl- und Bitumen-Schadstoffe wie Naphthalin, Benzo(a)pyren und weitere polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW), Phenole sowie Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylole (BTEX).
Besondere Herausforderungen
Die Schadstoffe hatten zum Teil massive Bodenbelastungen verursacht. Sie hatten sich im Grundwasser verbreitet und waren in einem nahen Bachlauf nachweisbar. Zudem liegt die Altlast in einem Trinkwasserschutzgebiet der Zone IIIC.
Ehemalige Dachpappenfabrik Dr. Kohl in Dorsten