Ehemalige chemische Reinigung/Alter Wallkanal in Lemgo
Sanierung auf engstem Raum
AAV reinigt Boden und Grundwasser unter der historischen Altstadt von Lemgo.
Projektbeschreibung
Wie saniert man Boden auf engstem Raum und inmitten dichter, teilweise denkmalgeschützter Bebauung? In der Altstadt von Lemgo zeigt der AAV, wie sich tief gehende Verunreinigungen mit chlorierten Kohlenwasserstoffen erfolgreich entfernen lassen – nicht zuletzt durch sorgfältige Planung, konsequentes Sanierungsmonitoring und einer umfassenden Aufklärung der Bewohner.
Ein Klassiker der Altlastenfälle des AAV
Ehemalige chemische Reinigungen sind fast ein Klassiker in der Liste der Altlastenfälle des AAV. Von den leichtflüchtigen, chlorierten Kohlenwasserstoffen (LCKW), die seit langem als Reinigungsmittel eingesetzt werden, finden sich in Boden, Bodenluft, Grundwasser und Gebäudesubstanz oft erhebliche Rückstände. Auch in direkter Innenstadtlage von Lemgo wurde fast 100 Jahre lang bis 2003 eine chemische Reinigung mit Wäscherei und Färberei betrieben.
Die LCKW-Belastung in Lemgo auf dem Gelände der ehemaligen Reinigung und angrenzender Grundstücke beschränkt sich zwar auf insgesamt 290 m2, dafür reicht sie sehr tief: In der ersten Phase der Sanierung entfernten Großlochbohrer rund 5000 t belasteten Boden aus bis zu sieben Metern Tiefe. Jede einzelne der insgesamt 182 Bohrungen wurde sofort danach mit „Flüssigboden“, einem durch Zusätze fließfähigen und selbstverdichtenden Verfüllbaustoff, oder mit Kies-Sandgemisch verfüllt. Dieses schonende Bohrverfahren minimierte – verglichen mit Baggerarbeiten - die Auswirkungen auf Anwohner und Umgebung.
Durch geplante Sanierung zu nachhaltiger Nutzbarkeit
Das belastete Grundwasser wurde während des Bodenaustauschs aus drei Brunnenbohrungen gefördert und in einer Grundwasserreinigungsanlage durch Aktivkohlefilter gereinigt. Auch das Bohrwasser und das Regenwasser wurden hier gefiltert. Allerdings musste u. a. für die Reinigungsanlage erst Platz geschaffen werden. Einzelne Bäume mussten weichen, damit eine rund 1.500 m2 große Fläche für Filteranlage, Füllmaterial und die Container mit dem belasteten Bohrgut entstehen konnte. Nach dem Rückbau der Asphaltfläche, dem Pflanzen neuer Bäume und der Wiederherstellung des Parks und des alten Geländeprofils konnte der Projektabschnitt Teil I im Jahr 2022 abgeschlossen werden.
Allerdings ist ein Teil der Schadstoffe in noch tiefere Bodenhorizonte vorgedrungen, wo sie durch Großlochbohrungen nicht wirtschaftlich entfernt werden können. Daher ist in der zweiten Phase im Bereich der durchgeführten Bohrungen eine in-situ-Reinigung geplant. Dabei soll ein Verfahren zur in-situ-Oxidation (ISCO) eingesetzt werden. Zur zweiten Phase gehört zudem die Sanierung des alten Wallkanals, da sich auch hier in einem rund 100 m langen und zehn Meter breiten Areal die LCKW ausgebreitet haben. In diesem Bereich ist ein anaerober in-situ-Abbau der Schadstoffe vorgesehen.
Derzeit läuft ein Pilotversuch im nur wenig durchlässigen Boden des Wallgrabens. Im Januar 2022 erfolgte an mehreren Stellen die Injektion einer ungiftigen, pflanzenölhaltigen Emulsion. Sie stimuliert den anaeroben Abbau der tief liegenden Schadstoffe durch Mikroorganismen direkt im Boden. Bei der Injektion kam eine spezielle Technologie zum Einsatz, die eine gute Verteilung des Substrats im Untergrund sicherstellen soll.
Erfolgreiche Projektumsetzung mit transparenter Kommunikation
Die bisher vorliegenden Ergebnisse zeigen einen erfolgreichen Abbau der LCKW durch die Mikroorganismen. Voraussichtlich Anfang 2023 werden die Resultate des Feldversuchs vorliegen. Auf deren Basis erfolgt die Planung für die letzte Sanierungsphase, die einen längerfristigen in situ-Abbau und eine Grundwasserreinigung umfassen wird.
Die Anwohner werden von der anstehenden Bodenreinigung im Untergrund kaum etwas mitbekommen – nicht zuletzt, weil bereits während der ersten Projektphase für die ISCO-Sanierung acht Infiltrationsbrunnen gebohrt und für die Sanierungsüberwachung zwölf Grundwassermessstellen installiert wurden. Über die aufwändigen Arbeiten der ersten Projektphase informierten der AAV, der Kreis Lippe und die Stadt Lemgo die Einwohner der Stadt bei unterschiedlichen Veranstaltungen. Zudem gab es ein Baubüro, das während der gesamten Dauer der Baumaßnahme regelmäßig für Interessierte geöffnet war.
- Standort
- Historische Altstadt von Lemgo
- Belastung des Bodens
- Leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe (LCKW)
- Besondere Herausforderungen
- Sanierung in dichter, historischer Bebauung, zeitweise Inanspruchnahme eines öffentlichen Parks, umfangreiche Kommunikation mit der Bevölkerung