Dr. Beatrix Haglauer-Ruppel
Bereichsleiterin Technik |
Ständige Vertreterin des Geschäftsführers
28.02.2023
Beatrix Haglauer-Ruppel ist seit August 2022 neue Leiterin des Bereichs Technik beim AAV. Die Geologin legt bei ihrer Arbeit großen Wert auf das Miteinander. „Sanierung und Flächenrecycling sind komplexe Aufgaben, da müssen alle Beteiligten frühzeitig eingebunden und transparent informiert werden.“
Frau Dr. Haglauer-Ruppel, Sie waren die erste Projektleiterin für Altlastensanierungen beim AAV. Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an 1990 zurückdenken?
Ich war beim AAV sogar die erste Mitarbeiterin im Bereich Altlastensanierung überhaupt. Damals ging es zunächst nicht um Sanierung, sondern um ganz grundsätzliche Fragen: Was sind die Aufgaben des neuen Verbandes? Wie sehen Formulare aus, mit denen Sanierungsprojekte angemeldet werden können? Wie macht sich der neue Verband bei den Kommunen bekannt?
Wie war das Echo bei den Kommunen?
Das Interesse war von Anfang an groß. Schon damals war für die Verwaltungen besonders interessant, dass der AAV sich als Maßnahmenträger für die Koordination von Sanierungsprojekten anbot. Ursprünglich sollten wir uns um die sogenannten herrenlosen Altlasten kümmern, also um belastete Standorte, bei denen kein Eigentümer mehr auffindbar war. Außerdem schätzten die Kommunen schon immer, dass es nun eine Anlaufstelle für alle möglichen Fragen rund um Altlasten gab.
Ein Bodenschutzgesetz gab es damals noch nicht…
Ja, das war eine andere Zeit: Altlasten wurden meist in den Ordnungsämtern bearbeitet und um den gesamten Bereich kümmerte sich oft nur eine Person. Grundlage war damals das Landesabfallgesetz. Mit dem Bundesbodenschutzgesetz erhielt die Altlastenbearbeitung eine andere und umfangreichere gesetzliche Grundlage. Heute hat sich der AAV etabliert – zum einen für die Durchführung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Flächenaufbereitung, zum anderen aber auch als Ratgeber für technische und juristische Belange für unsere Mitglieder.
Die Sanierung einer Altlast ist also weit mehr als die Installation einer Reinigungsanlage.
Viel mehr! Unsere Projekte betreffen stets unterschiedliche Interessen, unterschiedliche Gesetzesebenen und ganz verschiedene Belange. Es sind meist zahlreiche Menschen und Institutionen beteiligt. Dazu kommt, dass wir sehr häufig mit Grundstückseigentümern Duldungsvereinbarungen schließen müssen. In der Summe wird dadurch die Sanierung aufwändig, langwierig und bei vielen Standorten auch teuer.
Wie unterstützt der AAV Kommunen konkret?
Altlastensanierung ist natürlich eine Frage von Gesundheits- und Umweltschutz. Aber nicht nur. Insbesondere bei der Flächenaufbereitung kooperieren wir auch mit Planungsämtern und Wirtschaftsförderungsgesellschaften. Und wir widmen uns intensiv der Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung von Anwohnern und Betroffenen, damit Fragen frühzeitig geklärt werden. Unsere Mitgliederbefragung von 2022 belegt, dass wir auf dem richtigen Weg sind: Die Rückmeldungen zeigen eine große Wertschätzung für unsere Arbeit. Wir werden von den meisten Mitgliedern als besonders partnerschaftlich, engagiert und kompetent wahrgenommen.
Und das alles gibt es kostenlos?
Für die Beratung unserer Mitglieder und Kooperationsangebote schreiben wir keine Rechnung. Wenn eine Maßnahme beginnt, teilen sich AAV und Kommune die Kosten. Hierunter fallen Sanierungsuntersuchung und Sanierungsplanung, die Erstellung von Konzepten für Rückbau und Entsorgung und die eigentlichen Maßnahmen für Sanierung oder Flächenaufbereitung. 80 Prozent tragen wir, 20 Prozent die Gemeinde, das ist so im AAV-Gesetz verankert. In manchen Fällen beteiligen sich auch Dritte an den Sanierungskosten, das können Grundstückseigentümer, Erben oder Unternehmensnachfolger sein.
Bis Ende 2023 führt der AAV das Sonder-Förderprogramm des Landes NRW zur Identifizierung und Mobilisierung von Brachflächen für dauerhaften Wohnraum durch. Mit Erfolg?
Das Aufgabenspektrum des AAV hat sich enorm erweitert. Neben der Sanierung im klassischen Sinn widmen wir uns heute genauso intensiv der Revitalisierung von Brachflächen. Das ist ein zentraler Punkt für eine nachhaltige Stadtentwicklung und für die Schaffung von Wohnraum. Im Rahmen des Sonder-Förderprogramms haben wir bisher zehn Projekte abgeschlossen. Insgesamt wurden dadurch Flächen revitalisiert, die neuen Wohnraum möglich machen.
Bei Altlastensanierungen sind meist Anwohner, Eigentümer oder sogenannte Zustandsstörer betroffen. Wie lösen Sie Konflikte?
Für mich ist Transparenz der Schlüssel. Wir betreiben eine offene und fachlich basierte Öffentlichkeitsarbeit, für die wir uns viel Zeit nehmen. An Sanierungsstandorten sind regelmäßig Mitarbeiter vor Ort, die Fragen beantworten. Extrem wichtig ist das vor allem bei einer Sanierung in Wohngebieten, wo Anwohner schon mal über längere Zeit durch die Baumaßnahmen beeinträchtigt werden. Unsere Erfahrung aber ist: Indem wir überzeugend darstellen, wie notwendig und wie wirksam die Maßnahmen sind, gewinnen wir die Anwohner für unsere Sache.
Warum ist die Wirtschaft im Land für Ihre Arbeit ein wichtiger Partner?
Viele Wirtschaftsunternehmen aus NRW sind auf freiwilliger Basis Mitglieder im AAV. Sie leisten einerseits einen Beitrag zur Finanzierung von Sanierungsprojekten. Sie sind aber auch konstruktive und kompetente Ansprechpartner für uns, wenn es beispielsweise um generelle Fragen zum Umgang mit bestimmten Schadstoffen oder zur Entsorgung von belastetem Bodenmaterial geht.
Sanierung und Flächenrecycling sind nicht nur in NRW wichtig. Können auch andere Bundesländer vom AAV lernen?
NRW ist besonders dicht besiedelt und hat eine lange Industriegeschichte. Daher haben wir so lange Jahre Erfahrung mit Altlasten. Selbstverständlich ist der AAV über verschiedene Gremien und Arbeitskreise mit anderen Bundesländern und mit länderübergreifenden Institutionen im intensiven Austausch.
Viele Sanierungen sind langwierig und kostenintensiv. Lassen sich Abläufe beschleunigen?
Das ist nicht so einfach. Technisch ist im Prinzip alles machbar. Zeitaufwändig aber ist vor allem die lange Vorbereitung einer Maßnahme, dazu gehören Verträge, Ausschreibungen, Abstimmung mit den Betroffenen, Bebauungspläne und Öffentlichkeitsarbeit. Dennoch sehe ich Entwicklung bei den Sanierungsverfahren, die schneller zum Ziel führen und die Kosten senken können. Beispielsweise die In-situ chemische Oxidation von leichtflüchtigen Chlorkohlenwasserstoffen im Grundwasser oder der Einsatz von Bioreaktoren, mit deren Hilfe Mikroorganismen chlorhaltige Schadstoffe abbauen können.
Im August 2023 tritt die Mantelverordnung in Kraft. Welche Auswirkungen wird sie haben?
Sie schafft bundeseinheitliche Vorgaben, das ist generell positiv. Die neue Bundesbodenschutzverordnung verschärft z.B. Zielwerte und Dokumentationspflichten. Für unsere laufenden Projekte überprüfen wir derzeit, welche Auswirkungen die Mantelverordnung hat, beispielsweise bei einer geplanten Bauschuttaufbereitung vor Ort oder hinsichtlich der geänderten Beurteilungswerte z.B. für Benzo(a)pyren.
Die EU plant eine Bodenstrategie und ein Bodengesundheitsgesetz. Begrüßen Sie das?
Viele Punkte im geplanten Bodengesundheitsgesetz sind in Deutschland im Vollzug bereits Realität, zu Beispiel Vorgaben zur Bestimmung kontaminierter Flächen oder zum Aufbau eines Inventars und Register. Mehr Aufwand entsteht vermutlich durch die geplanten Berichtspflichten. Was mir aber wichtig ist: Die EU-Politik schenkt der kostbaren und begrenzten Ressource Boden mit diesen Gesetzesvorhaben endlich die gebührende Aufmerksamkeit. Boden lässt sich nicht erneuern und nicht umsiedeln. Allein die Bildung von einem Zentimeter belebter Bodenschicht dauert zwischen 100 und 300 Jahren! Bodenschutz fängt im Kleinen an und muss im Großen ernst genommen werden. Da macht die EU nun ganz wichtige Schritte.
Beatrix Haglauer-Ruppel wurde im Frühjahr 1990 die erste Projektleiterin für Altlastensanierungen beim AAV – Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung. Die Geologin kennt nicht nur Aufbau, Beschaffenheit und Struktur von Böden sehr genau, sondern hat in den vergangenen 30 Jahren vor allem festgestellt: Wenn es an die konkrete Umsetzung einer Sanierung geht, kann die Belastung für die Nachbarschaft groß sein. Da braucht es dann viel Verständnis, Einfühlungsvermögen und Empathie mit den Betroffenen, um das Projekt ohne Konflikte und Spannungen erfolgreich abwickeln zu können. Als neue Leiterin Technik beim AAV sieht sie sich daher auch als Moderator und Vermittler: Fragen müssen sozusagen beantwortet sein, ehe sie gestellt werden.
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